Er möchte perfekt sein. Mehr als perfekt. Um sich das zu beweisen, spricht er auf der Heimfahrt von der Arbeit während Monaten in sein Diktaphon, erklärt sich seinen Alltag, sich selbst.
Es ist etwas vorgefallen, was eine gefährliche Wunde in sein Selbstbewusstsein geschlagen hat. Jemand hat ihn im Supermarkt als “armes Schwein” bezeichnet, und zwar in einem Tonfall, der «die Brutalität einer unumstösslichen Tatsache hatte”, wie er feststellen muss. Da ist nun also Selbstverteidigung angesagt, und der gibt er sich hin. Der Mann ist Bibliothekar. In leitender Stellung. Er kann auch auf sein Bildungsgut zurückgreifen, zur Verteidigung, und das tut er gern. Doch ach, in einem gewissen Sinn wird dieses ganze Unternehmen zum Gegenteil dessen, was der Sprecher bezweckt. Die Rechtfertigung wird zur Blossstellung. Hinter den Tugenden, die er sich zuschreibt, scheinen seine Feigheit, seine Unsicherheit, sein manchmal niederträchtiges Lavieren hervor, wahrhaftig: das “arme Schwein”.
Und wie in einem Spiegel, der uns das eigene Bild mehrfach vergrössert zurückwirft, müssen wir lesenderweise immer wieder überlegen: Sind wir frei von den Gemütsregungen und Strategien, die uns Michel Layaz' Ich-Erzähler hier so freimütig schildert? So ganz fremd, so ganz anders als wir alle ist es leider nicht, dieses arme Schwein.
“Le Tapis de course” erschien 2013 in den Editions Zoé. “Auf dem Laufband” ist die deutsche
Erstübersetzung.